In der Galerie „Art Funerale“ wurde zum ersten Mal in Dresden eine Ausstellung der russischen Ikonen eröffnet. Zahlreiche Mitglieder unserer Gesellschaft haben diese einmalige und äußerst interessante Ausstellung besucht. Vorgestellt wurde sie von der Kunst- und Ikonenmalerin Ljubow Pilz.
Die Ikonenmalerei ist ein und für sich eine besondere Art der Bildkunst. Denn ein Kunstmaler ist völlig frei sowohl in der Auswahl des Themas als auch der Gestalten, der Komposition und der Farben seines Bildwerks. Dagegen sind die Möglichkeiten eines Ikonenmalers begrenzt.
Ikonen gehören ja nicht einfach zu Schmuckelementen eines Gotteshauses, obwohl sie unbestreitbar eine hohe ästhetische Wertschätzung genießen. Denn die darauf dargestellten Heiligen treten in der Rolle der Mittler zwischen den Gläubigen und dem Gott auf.
Zwar begann Lubow Pilz vergleichsmäßig vor nicht langer Zeit, sich mit der Ikonenmalerei zu befassen, genauer gesagt, erst seit dem Jahr 2000, aber ihre Entwicklung als Ikonenmalerin fing wesentlich viel früher an. Gemeinsam mit dem tiefen Glauben wuchs bei ihr das Interesse an allem, was auf die eine oder andere Weise Bezug zur Religion und deren Geschichte hatte. So entstand ihre eigene Büchersammlung in der Ikonenmalerei und Glaubenslehre.
Bevor die Ikonenmalerin ein Heiligenbild auf der Ikone darstellt hatte, taucht sie in die Archivschriften ein, in denen über das Leben und den Glaubensweg des Menschen berichtet wird, der es verdient hat, heilig gesprochen zu werden. Gründlich studiert sie historische Unterlagen dazu. Nicht selten erweist sich die Arbeit besonders schwierig, wenn die Ikone eines Heiligen noch nie zuvor geschaffen wurde. Genau so erging es Lubow Pilz bei der Arbeit an der Gestalt des Heiligen Hierarchen Nikolai Shitschskij.
Der Ikonenmalerei sind der Naturalismus und der Naturrealismus fremd. Denn in der Ikone hat alles seinen Symbolcharakter. Deshalb kommt der Sprache der Farben und der Linienformen eine besondere Bedeutung zu. Einen tiefen Eindruck hinterließen ihre Ikone der Schutzengel, von denen jeder einmalig und unverwechselbar ist, und auch die Ikone des heiligen Evangelisten Johannes sowie die Ikone der heiligen Ludmilla. Leider ist es an dieser Stelle unmöglich, all die 40 ausgestellten Ikonen wenigstens einmal zu erwähnen.
Abschließend möchte ich hier die Worte aus der Rede von Frau Doktor Dr. Olga Großmann auf dieser Vernissage zitieren. In ihrem Schlusswort sagte sie: „In der ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts erwacht die Auffassung der Ikonenmalerei als Dienst am Glauben und an der Kirche als eine symbolische Verbindung zwischen der irdischen Welt und dem Reich Gottes. Genau diese Sicht auf die Aufgaben der Ikonenmalerei finden wir im Schaffen von Ljubow Pilz».
Anna Kolbe, Diplom-Philologin